OLG Schleswig: Zur Überwachungspflichtverletzung von Projektsteuerern
Veröffentlicht von Rechtsanwalt Dr. J.-E. Fischer in Rechtsprechung · Donnerstag 23 Apr 2020
Tags: Baurecht, Baumangel, OLG, Schleswig, Haftung, Architekt, Rechtsanwalt, München, Überwachungspflichtverletzung
Tags: Baurecht, Baumangel, OLG, Schleswig, Haftung, Architekt, Rechtsanwalt, München, Überwachungspflichtverletzung
OLG Schleswig, 25.03.2020 - 12 U 162/19:
Das OLG Schleswig hatte unter anderem über die Überwachungspflichtverletzung eines Architekten aus einem Projektseuerervertrag zu entscheiden. Nach Ansicht des Gerichts würde es zu einer nicht gewollten, ausufernden Garantiehaftung des Architekten für sämtliche Mängel bei der Bauausführung führen, wenn man eine Überwachungspflichtverletzung des Projektsteuerers stets bei Mängeln an wesentlichen Bauteilen und unabhängig von der Erkennbarkeit des Mangels ausgehen würde.
Zudem setzte sich das Gericht in seiner Entscheidung sehr eingehend mit den Voraussetzungen des Anscheinsbeweises auseinandergesetzt. Hierbei gelten die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze. Danach setzt die Anwendung des Anscheinsbeweises voraus, dass Erfahrungssätze existieren, nach denen bestimmte Handlungsabläufe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend sind. Entscheidend für solche Erfahrungssätze ist, dass sie eindeutig und überprüfbar formuliert werden können, dem neuesten Stand der Wissenschaft entsprechen und ihre Richtigkeit je nach Lebenserfahrung mit einer gewissen Evidenz festgestellt werden kann. Je unwahrscheinlicher bestimmte Handlungsabläufe sind, umso weniger können sie zur Begründung des Anscheinsbeweises herangezogen werden. Sind bestimmte Abläufe lediglich wahrscheinlich, genügen sie allenfalls für den sogenannten Indizienbeweis, also zusammen mit der Würdigung vieler einzelner weiterer Indizien. Entscheidend für die Annahme eines entsprechenden Erfahrungssatzes kommt es auf die Art, die Schwere und die Erkennbarkeit des Mangels an.
Häufig würde insoweit auf den Beweis des ersten Anscheins in dem Sinne zurückgegriffen, dass ein Baumangel schon den ersten Anschein beispielsweise eines Bauüberwachungsfehlers verursacht. Das könne aber in dieser Allgemeinheit nicht angenommen werden.
Der Anscheinsbeweis ist nur auf einen Sachverhalt anwendbar, der - einem typischen Geschehensablauf entsprechend - nach der Erfahrung des Lebens auf eine bestimmte Ursache hinweist und in einer bestimmten Richtung zu verlaufen pflegt, bei dem also aus dem regelmäßigen und üblichen Ablauf der Dinge ohne weiteres auf den Hergang im Einzelfall geschlossen werden kann.